Hoyschrecke 2002

Pralle Tage Musik und Text, Preise für Torsten Maxara, Manja Präkels und Uwe Felski;?sehr gute Publikums-Resonanz, ein gutes Niveau der Wettbewerbsbeiträge, verdiente Preisträger, rundum gelungene Konzerte und, nicht zu vergessen, sehr nutzbringende Workshops – das ist die kurze Bilanz des dreitägigen Liedermachertreffens Nr. 6 in der Hoyerswerdaer KulturFabrik.

Die zwölf Akteure des Wertungs-Abends hatten sich in einer Vorauswahl unter rund 30 Bewerbern durchsetzen können und wiesen neben musikalischen Qualitäten durchweg eigene künstlerische Profile auf. Den Reigen der Darbietungen (die Reihenfolge war, wie jedes Jahr, unmittelbar vorher ausgelost worden) eröffnete Bernd Pittkunings mit einem deutsch-sorbischen Lied («Heimat») und einer A-cappella-Rap-Parodie «Wieder hochdeutsch». Das war schon mal eine Hausnummer, an der sich die anderen Wettbewerber messen mussten. Dem etwas biederen Thomas Koppe (Magdala) gelang das nicht so überzeugend wie dem Hoyerswerdaer Duo Matthias Höll/ Jens Scholze, deren Text «In der Stadt» wohl zum Gelungen?sten des diesmaligen wertungs-Abends in diesem Genre zählte.

Zum Zweiten. Den nächsten Glanzpunkt setzte Torsten Maxara: Der Dresdner war schon 1999 Text-Preisträger geworden und sollte, wie sich später herausstellte, genau diesen Erfolg wiederholen – mit «Wenn Du mich nur lässt». Karan Braun (Würzburg) und Karl Thoralf Rittel/ Jan Gerrit Hayen leiteten etwas konventioneller in die Pause, nach der die Straßenmusikantin Uta Pilling (Leipzig) mit Balladen zum Akkordeon zu gefallen wusste. Duke Meyer (Fürth) lieferte einen eher tradierten Auftritt, ehe Manja Präkels (Berlin), begleitet von Matthias Wolf, im brechtschen Gestus das «Lied von der entwendeten Jugend» vortrug – speziell dieses Stück überzeugte die Mehrheit der Juroren, die nach längerer sachlich-kontroverser Diskussion der Hauptstädterin den Preis der Jury zuerkannten.

Felskis Charme. Doch zuvor standen noch ein bewegender Vortrag des blinden Leipziger Sängers und Komponisten Wolfgang Vallentin, ein introvertiert-verqueres Stück Piano mit Matthias Krutz (Leipzig) und die wohl rundum gelungenste Darbietung des Abends: Uwe Felski, der mit «Laute Menschen» und «Wunderschön & Frei» stimmige Texte, starke Kompositionen, sauberes Gitarrenspiel, emotional-natürlichen Gesang und sympathisches Auftreten zu vereinen wusste – das sicherte ihm den Publikums-Titel.

Die drei Preise, die HoySchrecken, wurden anderntags ihren Gewinnern übergeben. Uwe Felski, der in der Lüneburger Heide gebürtige Wahl-Berliner, bekam sie gewissermaßen aus erster Hand: Helge Niegel, der wie schon in den Jahren zuvor die begehrten Metalltierchen gefertigt hatte, überreichte dem erst seit zwölf Monaten schreibenden Jung-Barden (sonst Basser in einer Tanzmusik-Band) die Auszeichnung – seine HoySchrecke.

In den anschließenden etwa 20-minütigen Kurz-Konzerten durften die 2002er Preisträger noch einmal ihr Können unter Beweis stellen. Die Hoyerswerdaer F-Band mit Gundermann-Titeln und «Quijote» (Gisela-Steineckert-Texte und -Nach?dichtungen zu Musik von Mikis Theo?dorakis) rundeten das Samstags-Ge?sche?hen im Großen Saal ab, ehe Manja Präkels mit ihrer Band «Der singende Tresen» beim Nachtprogramm auf der «kleinen bühne» noch einen gelungenen Extra-Auftritt bekam.

An selber Stelle hatten am Nachmittag (vor leider nur sehr wenigen Besuchern) jene Liedermacher Auftrittsmöglichkeiten, die es nicht bis in den Wertungs-Abend geschafft hatten – was etwa im Falle des Möllners Claus doch verwunderte. Dass es bei den «HoySchrecken» diesmal keine Titel-Ver?teidigung gab, lässt sich in wenigen Worten erklären: Publikums-Preisträger Martin Sommer durfte als dreimaliger Gewinner nicht mehr antreten. Der Jury-Favorit 2001, Günther Hornberger, nahm nicht teil, und die Texter des Vorjahres, Frank Oehl/ Bodo Kuntermann, hatten gar nicht erst zum Wettbewerb gemeldet, zeigten aber bei besagter Nachmittags-Schau, dass sie, mittlerweile als «Agua» firmierend, den Samba à la Jobim und Gilberto perfekt verinnerlicht haben – und das Schreiben ironischer Texte nicht verlernt haben («Faltenhand»). Extra-Lob. Ein ausdrückliches Extralob der Teilnehmer galt noch den Leitern der Samstags-Seminare, Frank Viehweg (Text) und Detlef Bunk (Gitarre), für hochprofessionelle und interessante Stunden. P.S.:?Es sei an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich erwähnt, dass die Workshops der Hoyerswerdaer Treffen zwar kaum im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehen, aber von den Teilnehmern durchweg als wichtige Bereicherung empfunden werden. Tipps von Profis und Austausch mit Gleichgesinnten – auch das ist Markenzeichen des Liedermachertreffens.

BESTER LIEDTEXT
Wenn Du mich nur lässt
Von Torsten Maxara

Ein Zimmer und ein Teppich
Und darüber hängt ein Mond
ein Mond aus Holz
mit einem Hut
Ein Schrank und ein Regal
und ein bunter Seidenschal
und in allem und in allem
steckt ein Fünkchen Glut

Ein Herbststrauß voller Farben
der ganz langsam welkt
Bücher Kerzen eine Puppe
und ein Katzenfutternapf
eine Pinnwand voller Fotos
und ein lang gesuchtes Wort
eine abgelöegte Fremdheit
und ein sicherer Ort

Ein nachdenkliches Lächeln
ein: Nimm mich in den Arm
Ein Blitzen in den Augen
und ein: Halt mich ganz fest
Eine winzige Berührung
und schon wird es warm
Das alles kannst Du haben
wenn Du mich nur lässt…

Ein Pullover überm Stuhl
und ein Schreibtisch voller Kram
eine Vase voller Stifte
Ringelstrümpfe und ein Brief
Eine raumgewordne Heimat
und ein Antrag auf Asyl
ein Blick durchs Fenster in die Weite
ein geborgenes Gefühl

Ein spitzbübisches Lächeln
ein: Nimm mich in den Arm
Ein Blitzen in den Augen
und ein: Halt mich ganz fest
Eine winzige Berührung
und schon wird Dir warm
Das alles kannst Du haben
wenn Du mich nur lässt…

Ein Zimmer und ein Teppich
Und darüber hängt ein Mond
ein Mond aus Holz
der die Träume fängt im Hut
eine einladende Geste
und ein aufgeschlagenes Buch
und darinnen nur die Zeilen:
Es wird alles gut…!
Es wird alles gut…!
Du bist nicht allein…!
Es wird alles gut…!

Ein nachdenkliches Lächeln
ein: Nimm mich in den Arm
Ein Blitzen in den Augen
und ein: Halt mich ganz fest
Eine winzige Berührung
und schon wird uns warm
Das alles kannst Du haben
wenn Du mich nur lässt..