Hoyschrecke 2013

Sächsische Zeitung / Montag, 25.11.2013

„Hoyschrecken“ gehen nach Bayern und Berlin

Tim Köhler und „Schnaps im Silbersee“ gewannen die Trophäen beim 17. Liederfest in der KulturFabrik.

Sie sangen am Samstag nachdenkliche, ernste und witzige Lieder über die Zerstörung der Natur, über die abendliche Fernsehkultur, über C-Promis, die Liebe, über Vorurteile gegenüber anderen Kulturen, über doppel-benamste, antiautoritär (v)erzogene Kinder von Müsli-Eltern…– die neun Teilnehmer des 17. Liederfestes „Hoyschrecke“ am Samstagabend in der KulturFabrik. Sieben Musiker und Gruppen hatte eine Jury vorab für das Wettbewerbskonzert aus 30 Bewerbern ausgewählt. Den achten Teilnehmer bestimmte das Publikum am Freitag bei der Offenen Bühne. Und weil die Dresdner Truppe Axel Stiller und Konsorten sowie die Berlinerin Merle punktetechnisch gleichermaßen überzeugten, durften auch beide am Samstag auftreten. Das Rennen um die Trophäen des Abends, die metallene „Hoyschrecke“, geschaffen von Künstler Helge Niegel, machten Musiker aus Bayern und Berlin: Den Jurypreis gewann Tim Köhler, der bei Bamberg lebt. Er ging 2012 bei der Offenen Bühne an den Start und wurde Zweiter. Jetzt ist er praktisch in eine höhere Liga aufgestiegen und gleich Meister geworden. In der Publikumsgunst lag er am Ende auf Rang zwei, hinter dem Zuschauerliebling, der Berliner Band mit dem hübschen Namen „Schnaps im Silbersee“. Dritter in der Jurywertung wurde die Liedermacherin Merle, die ihren Gesang auf dem Cello begleitete. Die zweifache Mutter stammt ursprünglich von der Nordsee-Insel Föhr und macht erst seit diesem Jahr eigene Musik mit eignen Texten. Rund um das Liederfest gab es am Wochenende unter anderem ein bestens besuchtes Gästekonzert, einen Workshop und jede Menge Gedankenaustausch. (red/aw)

 Menschen

 

Lausitzer Rundschau, 25. November 2013

Ein Schwarm Liedermacher

Die Hoyschrecken gehen nach Bamberg und an „Schnaps im Silbersee“

Hoyerswerda Das 17. Liederfest „Hoyschrecke“ ist Kufa-Geschichte. Aus Tim Köhler und „Schnaps am Silbersee“ sind stolze Hoyschrecken-Besitzer geworden. Und von den vielen Begegnungen der Ausscheide, Workshops und Diskussionsrunden erzählen vielleicht die Songs des 18. Liederfestes im November 2014.

„Diese Stimme, diese Texte und diese Tür vergisst wohl niemand, der heute dabei war“, lautete das Lob der Jury am Ende eines mehr als vierstündigen Konzertmarathons über Tim Köhler. Der eingefleischte Schwabe aus Bamberg überzeugte sowohl die Juroren als auch das Publikum, das ihn an Platz zwei der Zuschauerwertung sah, mit leisen Klängen und den stillen Fragen, die er in die Leerzeichen und Zwischenzeilen seiner Texte schmuggelt. So wird die Tür, von der Tim Köhler singt, der verdrängte Zugang zu einer ganz und gar persönlichen Angst, die jeder kennt und geheim hält. Eine Tür, die verschlossen bleiben muss, um nicht mit dem fertig werden zu müssen, was dahinter lebt und lauert. So ist der Liedermacher Seher und Deuter des sichtlich Verborgenen.

Aus neun Wettbewerbsteilnehmern wählten am Samstag fünf Juroren und ein Saal voll Zuschauer in zwei Wettbewerben die Gewinner der jeweils mit 500 Euro dotierten Hoyschrecken. Einen Ideen-Block aus drei eigenen Liedern konnte jeder Bewerber anbieten. Keine leichte Wahl für Künstler, die oft in vielen Facetten dichten und komponieren, weil sie sich dabei an die Stimmungen des Lebens anlehnen. Die Solisten, Duos und Bands mussten sich für einen roten Faden entscheiden, Tiefsinn oder die krachende Wahrheit, Ballade oder Klamauk präsentieren. Mit viel Tumult und dem Geständnis, dass sie „gern die Letzten sind, die stehn“ gewann das Berliner Welterretter-Duo „Schnaps am Silbersee“ mit 183 Punkten vor Tim Köhler (146 Punkte) und der Band „zwischenFall“ (130 Punkte) die Zuschauerwertung. Doch als Melvin Haak und Peter Wolter am Ende des Abends für ihren Siegerauftritt die Sangesfreunde Axel Stiller und Philip Omlor zu sich auf die Bühne holten, von gemeinsamen Festivalreisen und einer dem Wesen nach konkurrenzlosen Liedermacher-Gemeinschaft erzählten, da zeigten auch die Spaßrabauken, dass lauter Protest zwar die Welt aus den Angeln hebt, am Ende des Tages aber die verhaltenen Melodien das Innerste zusammenhalten.

In diesen nachdenklichen Welten changieren auch die Texte der Berliner Ledermacherin Merle. Die Sängerin und Cellistin war die größte Überraschung dieses Liederfestes. Sie bezauberte die Juroren am Samstag wie auch schon das Publikum der offenen Bühne am Vorabend nicht nur mit ihren tiefgängigen Lebensinterpretationen, sondern auch mit einer, nach Jury-Meinung, „gekonnten Kombination aus Cello und Gesang“. Merle habe die Samstags-Workshops gut genutzt und eine signifikante Weiterentwicklung aufgezeigt, zitiert Moderatorin und Jurorin Petra Schwarz aus der Begründung der Wertungsrichter. So war es der zweifachen Mutter und Lehramtsstudentin nicht nur gelungen, am Freitagabend beim Vorausscheid mit 95 vom Publikum vergebenen Punkten mit der Band „Axel Stiller & Konsorten“ gleichzuziehen. Sie eroberte auch als einzige Frau im Teilnehmerfeld Platz 3 der Jury-Wertung. Auf dem zweiten Platz sah die Jury die Publikumslieblinge „Schnaps im Silbersee“.

Mandy Decker / mdr1