Hoyschrecke 2006

Am Wochenende war in Hoyerswerda wieder einmal „HoySchrecken-Zeit“. Zum 10. Liedermachentreffen hatten die KulturFabrik, PROFOLK (Verband für Folk, Lied und Weltmusik in Deutschland) und Gundermanns Seilschaft eingeladen. Finanziell unterstützt wurde das Treffen in diesem Jahr durch die Ostsächsische Sparkasse Dresden. Bei diesem alljährlich stattfindenden Treffen versammelt sich die „creme de la creme“ dieser Szene, kommen die besten Liedermacher Deutschlands in die KulturFabrik.

Der Unterschied des diesjährigen Barden-Meetings zu den vorhergegangenen: Zur zehnten Ausgabe dieser Veranstaltung hatte man alle Preisträger der vergangenen Jahre eingeladen. Von den insgesamt 20 waren 16 in die Zuse-Stadt gekommen. Und noch in einem anderen Punkt unterschied sich diese „Best of“-Veranstaltung von den bisherigen. Hatten die Organisatoren bei den freitäglichen Wertungskonzerten Preise in drei Kategorien (Publikums-, Jury- und SZ-Textpreis) vergeben, gab es bei der zehnten Ausgabe nur zwei HoySchrecken zu gewinnen, wurde je Konzert ein Publikumspreis vergeben.

Wenn Liedermacher zur Gitarre greifen, gelegentlich darf es auch ein anderes Instrument sein, dann ist in deren Stücken häufig von Weltschmerz, Sehnsüchten und Gefühlen die Rede. Das bewegt. Nicht nur den Interpreten selbst, sondern rührt auch an den Emotionen des Publikums. Was bei dem einen oder anderen Zuhörer irgendwann notwendigerweise die Frage aufwirft, wie man zu diesen meist so schlichten und doch so tiefgründigen Ansichten kommt. Oder anders ausgedrückt: Was macht eigentlich so ein Liedermacher den ganzen lieben langen Tag?

Man müsse aufpassen, um nicht in Depressionen zu verfallen, erzählte Günther Hornberger, einer der Barden, die in der KuFa auftraten. Eigentlich führten er und die Vertreter seiner Zunft ein ziemlich einsames Dasein, so der Berliner. „Du übst alleine, textest alleine, kümmerst dich alleine um die Auftritte, reist alleine, trittst alleine auf“, zählte der 47-Jährige auf. Und „die Interviews machst du auch allein“. Da ist so ein Liedermachertreffen fast so was wie ein Antidepressivum. Um der aus solch einem Leben möglicherweise entstehenden Ichbezogenheit wenigstens temporär ein wenig entgegenzuwirken. Meetings dieser Art seien eine hervorragende Gelegenheit, wieder mal aus sich herauszukommen, sich „mit Kollegen auszutauschen“, so Hornberger weiter.

Das 10. Liedermachertreffen, war dieses Mal ja so eine Art „Best of“. Bei dieser Spezial-Ausgabe ging es, im Gegensatz zu den bisherigen Wertungskonzerten, wo Publikums-, Jury- und der TAGEBLATT-Textpreis vergeben wurden, nur um den Hörgenuss und darum, wer auf den beiden Konzerten am Freitag und Sonnabend das Publikum für sich einnehmen konnte. So sah und hörte man gut aufgelegte Barden, die mit einfühlsamen, melancholischen, teils bissig-ironischen und unaufgeregt-bewegenden Stücken die insgesamt rund 250 Besucher an den beiden Tagen begeistern konnten.

Am Freitag, beim von Bernd Nitzsche moderierten Abend, gewann „der heimliche Nachfahre von Reinhard Mey“ (Nitzsche), Martin Sommer, den ersten Publikumspreis. Der hat in Hoyerswerda, bei den Liedermachertreffen, so etwas wie Kultstatus, ist sehr beliebt, und da wunderte sich kaum einer unter den Besuchern, dass der gebürtige Erfurter wieder eine dieser in deutschen Liedermacherkreisen mittlerweile sehr begehrten Trophäe erhielt. Sommer hatte in den zurückliegenden Jahren drei Publikums-HoySchrecken gewonnen. Und durfte zu Beginn „von Part Two des HoySchrecken-Treffens“, so Frank Oehl, der am Sonnabend durch das zweite Konzert führte, noch mal auf die Bühne. Im Publikum waren am Sonnabend auch etliche Nachwuchskünstler, die Stunden zuvor auf der Offenen Bühne aufgetreten waren. Insider hatten den meisten der zwölf Teilnehmern, darunter auch der sorbische Liedermacher Pittkunings, eine hohe Qualität attestiert.

Sehr niveauvoll verlief auch das zweite Konzert, bei dem acht Liedermacher auftraten, die sich in ihrer Gefühlslage doch erheblich unterschieden, was der Veranstaltung einen weiteren Reiz gab. Die meisten Publikumsstimmen erhielt dann der in Wandlitz lebende Michael Günther, der somit nach seiner Ehren-Hoyschrecke (für Verdienste um die Organisation des Treffens) erstmalig einen Preis im Hoyerswerdaer Wettbewerb gewann.
Am Sonntag zogen Künstler und Veranstalter ein Fazit des Treffens, bei dem alle Teilnehmer mehr oder minder hoffnungsroh in die Zukunft schauen. Was nicht zuletzt auch daran liegt, dass es der Liedermacherszene keine an einem nicht mangelt: an talentiertem Nachwuchs. (Rainer Könen)

BESTER LIEDTEXT
Kriegslied
Michael Günther-Finowfurt

Wir bringen dem König Gewehre,
Die braucht er zum eigenen Schutz.
Das ist eben unsre Misere,
Wir backen das Brot mit viel Schmutz.

Wir schmieden doch nur ihre Eisen.
Wir sind wohl nicht Schuld wenn sie töten.
Wir führen nicht selber die Klingen.
Wir spielen im Sturm nur die Flöten.

Wir spielen ihr Lied, es klingt bitter.
Wer aufhört schmeckt ihre Ruten.
Wir spielen im Eisengewitter.
Wir sind eben da um zu tuten.

Bereiten nur für die Soldaten das Mahl,
Wir putzen nur ihre Lafetten.
Wir haben doch, ehrlich gesagt, keine Wahl,
Wir schlafen in blutigen Betten.

Es wird Zeit, sie gehn in die Boote,
Und setzen hinüber an Land.
Heut´ Nacht gibt es wieder viel´ Tote,
Sie stecken die Küste in Brand.

Es ist ja nicht so, daß sie wollen,
Manchmal schnürt es ihnen selbst die Kehle.
Es ist eben so, daß sie sollen,
Sie haben halt ihre Befehle.

Was heißt denn hier Schuld und Gewissen?
Sie sind ausgebildet und nun
Tun sie wieder was sie tun müssen,
Wenn nicht, würden´s andere tun.

Wir schmieden doch nur ihre Eisen.
Wir sind wohl nicht Schuld wenn sie töten.
Wir führen nicht selber die Klingen.
Wir spielen im Sturm nur die Flöten.